[Rezension] Der Kuss des Feindes - Titus Müller




·  Titel: Der Kuss des Feindes

·  Autor: Titus Müller
·  Medium: Hardcover mit Schutzumschlag (283 Seiten)
·  Verlag: Fischer Verlage (April 2012)
·  ISBN: 978-3-596-85445-5
·  Genre: historischer Jugendroman (empf. ab 12 Jahren)
·  Preis: 14,99 Euro
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Kurzbeschreibung des Verlages

Liebe kennt keine Grenzen

Kappadokien um 800 n. Chr.: Über zehntausend Menschen leben in der geheimen unterirdischen Stadt Korama. Es sind Christen. Sie haben hier Zuflucht gefunden vor den Arabern, die das Land erobert haben. Arif, der Sohn eines arabischen Hauptmanns, entdeckt bei einem Streifzug das Christenmädchen Savina und verliebt sich Hals über Kopf in sie. Unbemerkt folgt er ihr und entdeckt so den geheimen Zugang in das Höhlensystem der Christen. Eigentlich müsste Arif seinem Vater melden, dass er die Stadt der Christen entdeckt hat …

Ein wunderbarer historischer Roman, der vergangene Zeiten fühl- und erlebbar werden lässt, und ein Plädoyer für Toleranz und Menschlichkeit.
 
Buchtrailer


Ankas Geblubber

Heute stelle ich euch einen historischen Jugendroman vor. Dass ich sehr gern Jugendbücher lese wisst ihr ja bereits, historische Romane konntet ihr hier bisher aber noch nicht finden. Dieses Genre liegt mir einfach nicht. Meist sind die Bücher (nach meiner Empfindung) ziemlich langatmig und zäh.
 
Nun entdeckte ich - dank meiner lieben Antje Szillat - den Trailer zu Titus Müllers erstem Jugendroman "Der Kuss des Feindes". Klingt auf den ersten Blick nach einer Romeo und Julia-Geschichte, verpackt in eine andere Kulisse.
Warum nicht mal etwas Neues ausprobieren? Vielleicht kann ich mich so dem Genre etwas annähern? Also zog dieses wunderschön aufgemachte Hardcover vor Kurzem bei mir ein und wurde auch direkt aufgeschlagen.
 
Romeo heißt in unserer Geschichte Arif und ist der Sohn eines arabischen Hauptmannes. Sein Heer hat die Aufgabe die geflüchteten Christen aufzuspüren und zu töten. Die Christen haben sich in einer unterirdischen Stadt verschanzt. Unsere Julia heißt in der Geschichte Savina und fühlt sich in ihrer neuen Heimat eingesperrt. Deshalb schleicht sie sich nachts oftmals hinaus, um sich, wenn auch nur für einen kurzen Moment, wieder frei zu fühlen. 
 
"Was war das für ein Leben, eingesperrt in einer dunklen Höhlenstadt? Die Tauben hatten es gut. Sie konnten jederzeit rausfliegen in die Sonne, konnten über den Tälern schweben und sich auf den Felsen ausruhen. Sie waren frei."
S. 8
 
Bei einem ihrer nächtlichen Ausflüge begegnet sie Arif, der allein losgezogen ist, um sich vor seinem Vater zu beweisen. Den ersten Impuls, nämlich den Feind zu verraten bzw. ihn zu töten, überwinden die zwei Jugendlichen schnell. Savina ist beeindruckt von Arifs Mut und der junge Araber ist verzaubert von der Erscheinung seines "Mondmädchens". Doch was nun? Wird Arif das geheime Versteck der Christen verraten und somit seine heimliche Freundin ans Messer liefern? Dies wäre seine große Chance nicht mehr als Schwächling und Feigling dazustehen und er hätte es geschafft in die großen Fußstapfen seines toten Bruders zu treten.
 
Der Einstieg in diese Geschichte gestaltete sich für mich etwas holprig und ich hatte das Gefühl, dass zu viel Wüstensand in das Lese-Getriebe geraten war. An den "unausgeschmückten" Schreibstil musste ich mich erstmal gewöhnen. Auch die Charaktere waren mir zu Beginn noch nicht so sympatisch, sodass ich anfangs doch etwas skeptisch war. Doch das Durchhalten wurde belohnt. Bald tauchte ich vollkommen in die Welt von Kappadokien um 800 n. Chr. ein und lernte Arif und Savina besser kennen. Besonders Arifs Leben interessierte mich immer mehr. Ein besonderer Junge, der in seinem Heer als Schwächling und Angsthase abgestempelt war, am Ende aber mehr Mut als alle Krieger zusammen beweisen muss.

Titus Müller hat es tatsächlich geschafft mich für seinen historischen Roman zu begeistern. Die interessanten geschichtlichen Hintergrundinformationen, die er in seinen Roman geschickt einfließen lässt, habe ich förmlich verschlungen und mich auch nach dem Lesen noch intensiver mit diesem Thema beschäftigt. Denn natürlich ist die Handlung in "Der Kuss des Feindes" frei erfunden, den geschichtlichen Hintergrund, die unterirdischen Städte und die religiösen Konflikte gab es aber wirklich. Der Autor hat sich auf seiner Recherche-Reise nach Kappadokien selbst ein Bild von einer unterirdischen Stadt gemacht und lässt diese mit seinen bildreichen Beschreibungen erneut zum Leben erwecken. Weitere Erfahrungen und Erklärungen des Autors gibt es übrigens zusammengefasst ganz am Ende des Buches

Am meisten beeindruckt hat mich das Gespräch zwischen Arif und dem Scheich (ab Seite 168). Der junge und vor allem sehr intelligente Araber stellt sich die Frage, was nun der genaue Unterschied zwischen dem Islam und dem Christentum ist. Warum ist ein christliches Leben in den Augen seiner Glaubensgemeinde weniger Wert? Der belehrte Scheich steht Arif Rede und Antwort und bestärkt ihn darin, die Dinge weiter zu hinterfragen und das schwarz-weiß Denken abzulegen. Diese Diskussion hat auch mir weitergeholfen. Ich saß quasi neben Arif und habe mir diesen Konflikt verständlich (wenn auch nicht nachvollziehbar!) erklären lassen.

Die zarte Liebesgeschichte, die zum Scheitern verurteilt ist und alle Grenzen überschreitet, die es in der damaligen Zeit gab, hat mein Herz berührt. Sie nimmt keinen zu großen Platz ein, wird nicht übertrieben oder gar kitschig dargestellt und doch ist diese besondere,naive und süße Verbindung zwischen Arif und Savina stets spürbar.

Obwohl dieses Buch mit seinen 283 Seiten relativ dünn ist, beinhaltet es so viel Abenteuer, Geschichte, Liebe und jede Menge Denkanstöße. Meiner Meinung nach eignet sich dieser historische Roman wunderbar als Schullektüre, z.B. für den Ethik- oder (warum auch nicht) Religionsunterricht. Das Verständnis für beide Religionen wird verstärkt und das Hinterfragen unterstützt, ohne belehrend zu wirken.

"Die ganze Hässlichkeit des Krieges lag zwischen den Häusern: Menschen, die gestern noch gesprochen hatten, geatmet, gegessen, gewünscht hatten, die gelaufen waren und den Wind auf der Haut gespürt hatten - sie rührten sich nicht mehr, waren zu leblosen Formen geworden. Wie konnten sie nur so aufeinander losgehen im Streit um ein paar Ziegen und einige Klumpen Gold? Wie konnten sie sich töten, um das Sagen zu erhalten über einen kleinen Flecken Land?"
S. 167

Auch wenn ich ein paar Seiten gebraucht habe, um in diesen historischen Jugendroman hineinzufinden, bin ich froh, dass ich ihm eine Chance gegeben habe. Ich habe Neues gelernt,  viel nachgedacht und nebenher einen bewunderswerten Jungen kennen gelernt, von dem sich jeder, auch in der heutigen Zeit, eine Scheibe abschneiden sollte. Deshalb möchte ich euch diese Geschichte ans Herz legen. In ihr steckt viel mehr, als man auf den ersten Blick erkennen kann. 
 
Weiterführende Infos

 
Auch diese tollen Bloggerkolleginnen haben "Der Kuss des Feindes" gelesen und rezensiert:
 

 

Kommentare

  1. Auf dieses Buch bin ich auch schon gespannt. Obwohl das Cover nichts wirklich Neues ist, gefällt es mir sehr gut. Wahrscheinlich liegt e an den shön warmen Farben.

    LG Favola

    Ps. Ich bin mir meinem Blog zu Blogger umgezogen und habe ich gleich mal in meinen Blogroll aufgenommen. Ich hoffe, das ist für dich in Ordnung.

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    1. Halli Hallo Favola!

      Du kannst zu Recht gespannt sein. Ich denke, dieses Buch wird dir gefallen. Das Cover sieht in natura übrigens noch besser aus als auf dem Bild ;)

      Liebe Grüße
      Anka

      P.S. danke für die Info, ich habe deine neue Blogadresse gleich abonniert!

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  2. Das war eine sehr schöne Rezi und toll nachvollziehbar.

    Ich fand es ja super lieb, dass Du mich unten sogar verlinkt hast! Danke Dir! So was hab ich vorher auch noch nie gesehen. Eine sehr schöne Idee!

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    1. Hi Fabella!

      Danke für deine lieben Worte, ich freue mich sehr!
      Gern habe ich deine Rezi verlinkt. Ich mache das immer mal wieder gern, schließlich holt man sich doch gern noch mal die Meinungen anderer Leser/innen ein, bevor man ein Buch schlussendlich auf seine WuLi packt. Außerdem ist es eine schöne Möglichkeit, andere Buchblogger kennen zu lernen :)

      Liebe Grüße
      Anka

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  3. Super Rezi!! Das Buch steht auf meiner Wunschliste :)

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    1. Danke dir, Binzi! Ich bin gespannt, wie es dir gefällt!
      Wenn du es gelesen und rezensiert hast, freue ich mich sehr über eine kurze Info, dann kann ich deinen Beitrag mit verlinken!
      Liebe Grüße
      Anka

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  4. Sehr schöne Rezi :) Hab das Buch zum Glück auch schon im Regal stehen und neulich erst "Tanz unter Sternen" von Titus Müller gelesen. Ein ganz wundervolles Buch, das mich sehr neugierig auf weitere Bücher des Autors gemacht hat, und das ich unbedingt empfehlen kann :)

    Wünsche dir einen schönen Sonntag :)
    Nanni

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    1. Hey Nanni!

      Oh schön, du hast es auch schon. Wirst du es bald lesen?
      "Tanz unter Sternen" ist wohl nichts für mich, aber vielleicht für später mal, schließlich ändert sich der Lesegeschmach ja immer wieder mal :)

      Liebe Grüße und einen schönen Feiertag!
      Anka

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  5. Hi, Anka.
    Die Thematik des Buches ist eine zentrale, berührt sie doch die alte Einsicht, daß ein Mensch nicht durch seine Herkunft gebrandmarkt ist. Das Gute wie das Schlechte verteilt sich über alle Menschen. Auf sein Herz und sein Gewissen zu hören ist die bessere Wahl, als sich in Ideologien /Religionen zu ergeben.

    Freut mich ungemein, daß Dich auch der historische Hintergrund zu interessieren verstand - erwähnte ich irgendwann meinen Faible für Geschichte? :-)))

    "Nur wer die Rose des freien, edelmütigen Gedanken umsorgt, kann den kahlen Fels der Niedertracht begrünen."
    (Sinnspruch aus Granada)

    ;-)

    bonté

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    1. Bonsoir monsieur, ca va?
      So ist es. Diese Thematik ist unheimlich wichtig und wird in diesem Buch toll dargestellt. Verpackt in einen Roman, nicht zu aufdringlich, genau richtig.
      Ach, ein Faible für Geschichte? Na das konnte ich mir ja vorher so gar nicht denken *schmunzel*
      Viele Grüße an dich,
      Anka

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