Sprechstunde bei den Baby-Giraffen | 13.01.2017 - Teil 2 | Namibia Diary 2017

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Okutala Etosha Lodge
Freitag, der 13. Januar 2017 - TEIL 2

Nachdem sich die vier Raubkatzen verzogen haben, geht es auch für uns weiter. Unser nächstes Ziel ist die so genannte „Boma“. Hier sind vor einigen Jahren die Nashörner angekommen. Diejenigenvon euch, die die Fernsehserie „Harnas – Das Waisenhaus für wilde Tiere“ gesehen haben, werden das Gelände kennen. Nashörner bewohnen die Stallungen aber schon lang nicht mehr, dafür werden wir von zwei anderen „alten Bekannten“ erwartet. Die zwei Erdmännchen Lucky und Byte haben hier eine Zwischenstation eingelegt. Mit Byte verbindet mich ein ganz besonderes Band, quasi eine Blutsbrüderschaft, denn letztes Jahr fand sie es nicht ganz so lustig, dass ich sie in ihrem Gehege besuchen wollte. Selbst ein ganzes Jahr später sieht man noch die Abdrücke ihrer spitzen Zähne an meiner Ferse.

Eigentlich hätte es gar nicht mehr zu diesem Wiedersehen kommen sollen, denn Lucky und Byte wurden bereits ausgewildert. In diesem Video könnt ihr euch den Moment der Freilassung ansehen. Das Problem mit handaufgezogenen Tieren ist, dass sie an Menschen gewöhnt sind und immer wieder ihre Nähe suchen – so auch diese zwei Abenteurer. Jedoch haben Lucky und Byte die Rechnung ohne Simones Hunderudel gemacht, das sich für all die Beiß-Attacken der Erdmännchen auf die Xplorer gerächt hat. In letzter Sekunde konnte Simone Lucky unter ihren Hunden hervorziehen. Ziemlich malträtiert blickt uns das kleine Kerlchen nun entgegen. Er wurde natürlich ärztlich versorgt und kuriert sich jetzt noch ein paar Tage aus, bevor er, zusammen mit Byte, erneut freigelassen werden soll, wahrscheinlich an einem anderen Ende der Farm. Trotz des ungleichen Kampfes mit den Hunden, hat Byte ihre Angriffslust nicht verloren. Simone möchte nur kurz einen Blick auf Luckys Auge werfen, welches etwas zugeschwollen ist, doch Byte verteidigt ihr Revier vorbildlich. Die Verletzung am Auge ist neu, meint Simone. Sie geht davon aus, dass Lucky sich mit einer Schlange angelegt hat. Das Auge sollen wir auf jeden Fall bei den nächsten Fütterungsrunden beobachten. Sollte es sich nicht verbessern, muss der Kleine noch mal auf dem Untersuchungstisch Platz nehmen. Wir verteilen das mitgebrachte Futter, welches schnell verputzt ist und können unsere Erkundungsfahrt fortsetzen.



Unser Tour führt uns noch am Farmhouse sowie am ehemaligen Hangar vorbei, wo nun Luzerne, Salzlecksteine und Camelthorn Pads gelagert werden. Dann geht’s zurück zur Lodge. Bis zum Mittagessen haben wir noch eine halbe Stunde Zeit, die Simone nutzt, um uns den „Prep-Room“ genauer vorzustellen. Hier wird zwei Mal täglich das Futter für die Tiere vorbereitet, welches in Eimern und Säcken bereit steht – zumindest das Trockenfutter. Sie zeigt uns, wo wir was finden und erklärt uns die unterschiedlichen Maßeinheiten. Hier wird das Futter nämlich nicht in Mili(liter) oder (Kilo)gramm abgemessen, sondern in „small tins“ (kleine Konservendose), „big tins“ (große Konservendose) und „buckets“ (Eimer). Schicke Messbecher oder gar eine Waage würden hier schnell Füße bekommen oder kaputt gehen, erklärt uns Simone, einfache Konservendosen und Eimer gibt es dafür genug. Ich werfe einen Blick auf die große Tafel, auf der sämtliche zu fütternde Farm-Tiere aufgelistet sind und freue mich auf das Wiedersehen mit vielen alten Bekannten. Dann entlässt uns Simone zum Lunch. Keine Minute zu früh, denn unsere Mägen knurren laut. Es gibt Omelette und Salat, für die „Nicht-Vegetarier“ Spaghetti mit einer fleischhaltigen Bolognese-Soße. Dazu genießen wir eiskalten Eistee – herrlich.


Während des Essens beschließen wir, nach dem Lunch für kurze Zeit getrennte Wege zu gehen. Ich kann es kaum erwarten, den zwei einjährigen Giraffen einen Besuch abzustatten. Sie sind noch sehr schreckhaft, hat uns Simone erzählt, deshalb sollen wir viel mit ihnen reden, damit sich die ängstlichen Langhälse an uns gewöhnen. Zurzeit sind sie noch in einem Gehege untergebracht, doch auf lange Sicht sollen auch sie sich frei auf dem Farmgelände bewegen dürfen. Dafür sind sie jetzt aber noch zu klein und auf regelmäßige Milch-Mahlzeiten angewiesen – doch zur Fütterung selbst erzähle ich später mehr. Nun mache ich mich auf den Weg zu ihnen und verwandle mich sofort in den „Herzchenaugen-Emoji“, als ich sie entdecke. Okie und Dokie heißen die zwei. Während sich Dokie im Hintergrund hält, tastet sich Okie langsam immer weiter vor zum Zaun. Beruhigend rede ich auf die kleine Giraffe ein, strecke meine Hand aus und tatsächlich – ich darf sie kurz an den Nüstern berühren. Da ich ohne Milchflasche vorbeigekommen bin, gesellt sich das wunderschöne Tier mit den langen Wimpern schnell wieder zu Dokie. Ich mache es mir derweil im Schneidersitz gemütlich und zücke mein Handy für die ersten Fotos der Giraffen-Kids. Plötzlich kommt mir eine Idee. Simone hat doch gesagt, wir sollen mit den Giraffen reden, deshalb nehme ich kurzerhand die eine oder andere Sprachnachricht für meine Freunde in Deutschland auf, bis es zu tröpfeln beginnt. Schnell stecke ich mein Handy ein und mache mich auf den Rückweg zur Lodge, doch so schnell der Nieselregen kam, verschwindet er auch wieder. Ich habe gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit vergangen ist. Zurück auf der Lodge treffe ich Alana und Fiona und gemeinsam setzen wir uns zu Kaffee und Kuchen aufs Deck.

Okutala Etosha Lodge
Unsere 2 Babys Okie & Dokie
Um 15:30 Uhr sind wir im Prep mit Simone verabredet. Eigentlich wollte sie mit uns in Ruhe die Infos auf der Tafel durchgehen, doch kurzerhand beschließt sie, dass Praxis doch viel lehrreicher als Theorie ist, denn vor der Tür wartet schon eine vierzehn(+1)köpfige Rasselbande auf ihren Dinner-Snack. Grundsätzlich ist es bei den frei lebenden Tieren so, dass sie nur gefüttert werden können, wenn sie auch da sind – logisch. Deshalb nutzen wir die Mangusten-Versammlung vor der Tür direkt aus und schneiden das im Kühlschrank bereitgelegte Fleisch. Die kleinen Gauner können es gar nicht mehr abwarten. Immer weiter trauen sie sich durch die geöffnete Tür des Prep-Rooms, doch gegessen wird draußen. Als es endlich so weit ist, stürzen sich die Mangusten auf die Gulasch-großen Fleischhäppchen, die wir ihnen einzeln zuwerfen. Hier sieht man wieder ihre scharfen, spitzen Zähne, mit denen sie am Fleisch reißen und die aus den süßen Kuscheltieren kleine Raubtiere machen. Gefüttert werden die Zebramangusten einmal morgens und einmal abends. Tagsüber suchen sie sich ihre Nahrung selbst. Käfer, Skorpione und Schlangen zählen zu ihren Leibspeisen, aber auch Eier genießen sie voller Hingabe. Ich liebe das aufgeregte Wuseln der kleinen Tiere. Cameron, das Erdmännchen, ist natürlich auch mit von der Partie und schnappt sich direkt das letzte Stückchen. Zum Nachtisch stelle ich ihnen noch eine Schüssel Ziegenmilch hin, die in kurzer Zeit bis auf den letzten Tropfen ausgeleckt ist. Habt ihr schon mal Mangusten mit Milchbart gesehen?

Okutala Etosha Lodge
Die wilde Mangusten-Meute nach der Fütterung
Da von Simone oder Josua nichts zu sehen ist, „arbeiten“ wir die Tafel selbstständig weiter ab. Alana und Fiona gehen zu den Vögeln und ich mache mich auf den Weg zu den Nagern. Laut quiekend werde ich von den vier Meerschweinchen begrüßt, die, getrennt von den anderen, in einem separaten Gehege untergebracht sind. Diese vier sollen an eine Familie als Haustiere vermittelt werden. Sofort muss ich an meine zwei Schweinchen daheim denken, die während meiner Reise in besten Händen sind. Nebenan befindet sich das Gehege der Ratten, übrigens die einzigen Tiere auf Okutala, die wirklich als Futtertiere gehalten werden. 

Okutala
Fütterung bei den Meerschweinchen

Zurück im Prep treffe ich auf Josua, der mir zeigt, wie man die Milch für die Giraffenbabys anrührt. Okie und Dokie bekommen dreimal täglich je zwei Liter Milch. Alana und Fiona sind zwischenzeitlich auch zurück von den Vögeln, sodass wir uns zu dritt auf den Weg zu meinen zwei neuen Freundinnen machen. Gierig stürzen sich die Babys auf die Milchflaschen – zu gierig. Plötzlich hat Okie den Nuckel im Maul. Ich kann mich noch daran erinnern, dass es letztes Jahr einen ähnlichen Fall gab. Damals haben wir noch JJ und ihre zwei Jungs mit Tee (für Milch waren sie schon zu alt) gefüttert, und einer der drei Langhälse hat ebenfalls einen Nuckel von der Flasche geknabbert und verschluckt. Er kam wieder raus, keine Sorge, doch nun, in diesem Fall, habe ich Panik. Mit Mühe gelingt es mir, der kleinen Giraffe den Nuckel aus dem Mäulchen zu ziehen… mjam, Giraffensabber… Kaum ist der Nuckel wieder auf der Flasche, hat auch Dokie ihren im Schnabel. Wir hätten sie fester über den Flaschenhals ziehen sollen. Diesmal gestaltet es sich als etwas schwieriger, den Nuckel zurückzuerobern. Dokie gefällt unsere Aufregung gar nicht. Als sie sich schließlich schüttelt und den Nuckel ausspuckt, sind wir erleichtert. DAS wird uns mit Sicherheit nicht noch mal passieren! Auf die Schlagzeile: „Baby-Giraffe an Nuckel erstickt“ können wir getrost verzichten.

Okutala
Flasche leer - Dokie war immer schneller als Okie
Weiter geht es zu den Ziegen, den Nashörnern, den Straußen und schließlich auch zu den Raubkatzen und den Elefanten. Wie hier die Fütterungen ablaufen, werde ich euch in den nächsten Diary-Einträgen ausführlich erzählen.

Zurück im Prep bekommen wir Besuch. JJ streckt ihren langen Giraffenhals zur Tür hinein – ein lustiger Anblick. Natürlich soll auch sie nicht leer ausgehen, wenn sie schon extra vorbeikommt. Wie bereits erzählt, wurde sie ebenfalls mit der Flasche aufgezogen. Als sie irgendwann zu alt für die Milch war, aber trotzdem noch großen Spaß am Flaschennuckeln hatte, wurde die Milch durch Rooibostee ersetzt. Den bekommt sie auch heute noch, jedoch nicht am Prep-Room. Simone lockt die Giraffe geschickt zu Okie und Dokie. Trotz Umweg folgt sie uns und freut sich, angekommen am Ziel, über ihre Portion Tee… zumindest anfangs. Auch die zwei Babys kommen näher und beäugen die große Giraffe neugierig. JJ wäre aber nicht JJ, wenn sie brav den Tee austrinken würde. Das ganze Drumherum ist doch viel spannender. So bleiben wir auf einer halben Flasche sitzen, die Simone spontan den Kleinen anbietet, für die der Tee noch fremd ist. Okie ist sofort begeistert und saugt gierig. Dann soll auch Dokie probieren, schließlich ist es ihr erster Tee. Sie nimmt den ersten Schluck und guckt uns ganz erschrocken an – herrlich! Dieser Blick! Als würden wir ihr anstatt Schokolade Blumenkohl servieren. Beleidigt zieht sie Leine. Okie ist zum Glück anderer Meinung und macht die Flasche leer.

namibia
Regenbogen über Okutala
Nun wird es auch langsam Zeit für unser Abendbrot. Auf der Terrasse erwartet uns warmes, selbstgemachtes Brot, besagter Blumenkohl mit leckerer Soße und dazu Pommes. Da wir nicht ganz so müde sind wie am Vortag, bleiben wir noch ein Weilchen sitzen und kommen in den Genuss eines großen Regenbogens mit anschließendem wunderschönen Sonnenuntergang. In der einsetzenden Dämmerung trampeln wir zu unserem Häuschen zurück. Warum wir trampeln, verrate ich euch in einem der nächsten Einträge. Im Bungalow freuen wir uns auf die erfrischende Dusche und schlussendlich auf das bequeme Bett. Ich muss grinsen, als wir alle drei zu unseren Tagebüchern greifen, um den Tag Revue passieren zu lassen. Die Erlebnisse, die man hier macht, muss man einfach festhalten. Es wäre schade um jede Erinnerung, die nach und nach verblasst. Unsere drei Tagebücher ahnen an diesem Abend noch nicht, dass sie morgen einen echten Thriller erzählt bekommen werden.

Sundowner
Abendstimmung auf Okutala

Fortsetzung folgt… am nächsten Freitag!
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