Im letzten Jahr hatte ich,
ebenfalls anlässlich einer Lesung von Wulf Dorn, das Zehntstadel in Leipheim
als eine ganz besondere Event-Location kennengelernt. Ich war beeindruckt von
der urigen Atmosphäre, in die Wulf Dorn mit "Dunkler Wahn" ganz
hervorragend hinein passte.
Am vergangenen Donnerstag erklomm
ich die Stufen zum Zehntstadel ein weiteres Mal und freute mich auf einen
spannenden, gruseligen und sicher auch unterhaltsamen Abend. Anfang September
erschien Wulf Dorns neuer Thriller "Phobia", den er seinen rund 70 anwesenden
Leserinnen und Lesern in gemütlicher Runde vorstellen wollte. Organisiert und
veranstaltet wurde diese Lesung von der Hutter Buchhandlung in Kooperation mit
der Stadtbücherei Leipheim.
Da ich bereits um 19:15 Uhr vor Ort
war, ergatterte ich einen tollen Platz in der ersten Reihe. Wie schon beim letzten
Mal gab es kleine 4er bzw. 6er Tische und keine Stuhlreihen, was ich für einen
Lesungsabend mehr als angenehm empfand. Ein kurzer, freundlicher Plausch mit
Uwe Geiger, dem verantwortlichen Mitveranstalter der Stadtbücherei Leipheim,
der mich doch tatsächlich als eine Lesungsbesucherin vom letzten Jahr
wiedererkannte und ein Kaltgetränk später, absolvierte Wulf Dorn seinen
Soundcheck. Ich freute mich sehr darüber, dass er danach noch Zeit für eine
persönliche Begrüßung hatte. Es war ein schönes Wiedersehen!
"Wir sprechen
heute Abend über Angst."
Um 20:00 Uhr hieß uns der
Veranstalter Herzlich Willkommen und übergab das Wort direkt an den komplett in
Schwarz gekleideten Autor. Gewohnt charmant blubberte Wulf Dorn direkt drauf
los und rief seine Zuhörerinnen und Zuhörer dazu auf, ihre ortsansässigen
Buchhandlungen zu unterstützen, schließlich sind sie es, die solch tolle Abende
ermöglichen. Nicht amazon, nein - die Buchhändler laden die Autoren ein, geben
ihren Kunden die Möglichkeit, ihre Lieblingsautoren hautnah zu erleben, nehmen
Überstunden für solche Events gern in Kauf und haben immer eine passende
Buchempfehlung parat.
"Angst hat
viele Facetten"
Dann sprach Wulf über das Cover
seines aktuellen Thrillers "Phobia", denn wie schon bei "Dunkler
Wahn" oder "Mein böses Herz", hat auch dieses eine besondere
Bedeutung in der Geschichte. Schon vor der Veröffentlichung erhielt er viele
Zuschriften und Reaktionen auf den Puppenkopf. Die meisten waren recht angetan
und eher positiv - nur eine Dame fällte ein niederschmetterndes Urteil -
nämlich seine eigene Mutter. Mittlerweile steht das Buch natürlich in ihrem
Bücherregal - jedoch falsch herum, so dass sie das grausige Cover nicht ansehen
muss.
Wir erfuhren einiges über Wulfs
Arbeit an "Phobia", dessen Titel er sich schon vor einigen Jahren
gesichert hatte. Er wollte ein Buch über Ängste schreiben, erzählte er und
klärte uns über die verschiedenen Arten von Ängsten auf. Neben den konkreten
Ängsten (wie z. B. der Angst vor Spinnen, Höhenangst, oder der Angst vor einer
Gruppe frei zu sprechen) existieren auch abstrakte Ängste, die schwerer zu
benennen sind. Die Angst vor dem "Unbekannten".
"Kinder
wissen noch nicht viel von den wahren Schreckgestalten, die jenseits der
dunklen Fensterscheibe auf sie lauern. Von den Ängsten, die weitaus komplexer
sind als jeder schwarze Mann und jedes noch so grässliche Monster. Denn sie
haben kein Gesicht, keine Gestalt, so sehr man auch versucht, sie beim Namen zu
nennen."
Zitat aus PHOBIA, Seite 37
Zitat aus PHOBIA, Seite 37
An dieser Stelle machte sich Wulf
auf den Weg ins Publikum und fragte seine Zuhörer nach ihren Ängsten, bevor er
uns von seiner eigenen Angst erzählte. Wusstet ihr, dass Wulf Dorn Angst vor
Schlangen hat? Im Plauderton ließ er uns an einer Anekdote aus seinem Urlaub in
Indonesien teilhaben, während dem ihm eine erschreckend große Boa als lebendes
Accessoire für ein typisches Touristenfoto entgegengehalten wurde. "Es ist
mir schon unangenehm einen Gartenschlauch anzusehen", beichtete er
schmunzelnd.
Ängste begegnen uns tagtäglich.
Bevor Wulf mit der eigentlichen Lesung begann, belegte er diese These mit einer
weiteren Geschichte, die sich vor einigen Jahren tatsächlich so in London
zugetragen hatte. Dass eine versehentlich im Bus stehen gelassene Einkaufstüte
einer orientalisch aussehenden Frau der Grund dafür sein kann, dass die
Londoner Polizei die komplette Innenstadt abriegelt, ist ebenfalls auf die
ängstlicher und vorsichtiger gewordene Gesellschaft zurückzuführen.
Bei flackerndem Kerzenlicht griff
der Autor schließlich zu seinem Buch und stellte uns in einem schaurigen
Kapitel zuerst seinen Antagonisten vor. Ein Raunen ging durch die Zuhörer, als
Wulf die letzten Worte las. Wer Wulf Dorn bereits auf einer Lesung erleben
durfte weiß, dass er ein begnadeter Vorleser ist. Nicht vielen Autoren gelingt
es, ihre Geschichten so atmosphärisch vorzutragen. Gekonnt wurde hier betont und
die Stimme verstellt, so dass ich schnell mitten ins Geschehen eintauchte. Die
Gänsehaut, die bereits beim Lesen des Buches immer wieder über meine Arme
gekrochen war, machte sich im anschließenden Lesungsteil wieder bemerkbar. An
der Seite seiner Protagonistin Sarah schlich ich vorsichtig in das Zimmer ihres
6-jährigen Sohnes, um das gruselige Klopfgeräusch am Fenster zur orten.
Schließlich folgte (von inneren Jubelschreien begleitet) meine Lieblingsszene,
in der Sarah ihren Mann viel zu früh von seiner Geschäftsreise zurückkommen
hört. Als die Spannung und der Gruselfaktor beinahe unerträglich wurden,
besaß der schelmisch grinsende Autor tatsächlich die Frechheit, das Buch
sinken zu lassen und uns zu fragen, ob er denn weiter lesen soll... Was für
eine Frage! Ich brachte nur ein heiseres "Jaaaaaaa" heraus - ... als
Einzige! Im Zehntstadel hätte man eine Stecknadel fallen hören... nach meiner
emotionalen Reaktion natürlich nicht mehr, denn die Lacher ließen nicht lange
auf sich warten. Auch Wulf konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen,
kommentierte meine Äußerung sehr charmant und las wirklich noch ein paar
Sätzchen weiter, bevor er uns mit dem schaurigen Anblick des Narbenmannes in
den Abend entließ.
Nach seinem wohlverdienten Applaus
verriet er uns noch, dass wir es in "Phobia" mit vielen kleinen
Erlebnissen zu tun bekommen, die auf wahren Begebenheiten basieren - klingt
spannend, oder?
Natürlich stand der Autor auch nach
der Lesung noch für Fragen und Signierwünsche zur Verfügung. Auch ich reihte
mich in die Schlange (tzzzzzzzzzzz) ein und ließ mir "Phobia" mit
einer lieben Widmung versehen. So endete ein erneut sehr unterhaltsamer und
spannender Abend im Leipheimer Zehntstadel.
Vielen Dank an die Veranstalter -
und natürlich Wulf Dorn selbst - für einen schaurig-schönen Abend, an den ich
auch jetzt noch gern zurückdenke.
Solltet ihr die Möglichkeit haben,
Wulf Dorn einmal live auf einer Lesung zu erleben, dann ergreift sie. Seine
aktuellen Lesungstermine findet ihr HIER AUF
SEINER HOMEPAGE.
oder
Hallo Anka,
AntwortenLöschenich habe gerade heute nachmittag mit Phobia angefangen. Ja, ja die Klopfgeräusche... gruselig... ich hatte als Kind immer Angst, das jemand unter dem Bett lag, oder im Schrank... bbbrrr... mag ich gar nicht dran denken...
Danke für deinen Bericht.
LG Ina
Hallo Ina,
Löschenoh wie spannend! Ich freue mich sehr auf dein Fazit! Mal sehen, ob du ebenso begeistert bist wie ich! Ich hoffe es :)))
Spannende Lesestunden wünsche ich dir!
Liebe Grüße
Anka
Ich lese im Moment sehr wenig bis gar keine Thriller, aber der Lesungsbericht war super spannend und die kleinen Tischenchen hören sich total gemütlich an. Hab noch nie drüber nachgedacht, dass es natürlich auch anders geht, als in Stuhlreihen zu sitzen.
AntwortenLöschenHallöchen!
LöschenWieso liest du momentan keine Thriller? Allgemein eher selten? Ich muss gestehen, dass es bei mir auch eher selten vorkommt, dass ich so viele Thriller in so kurzer Zeit lese. So langsam ist mir mal wieder nach 'ner Mütze Chick-Lit :P
Gell? Die Tisch-Idee ist klasse und soooo passend. Gemütlich mit einem Glaserl Wein oder 'ner Tasse Tee einer tollen Lesung lauschen... herrlich :)
Liebe Grüße
Anka
Grüß Dich, Anka.
AntwortenLöschenIch kann auch nur unterstreichen, daß der heimelige Saal so ideal wie besonders für eine Lesung ist. Dicke Empfehlung!
Als Wulf Dorn die Geschichte von der aufgelösten Frau in London ausführte, kam mir wieder in den Sinn wie leicht die Menschen immer noch beeinflußt werden können. Etwas muß nur lange genug durch die Medien getrieben werden.
Du kannst versichert sein, daß Dein dezent geäußertes "Jaaaaa", auf Wulfs Frage, genau in die Situation paßte!
:-)
A bientôt et
bonté