You are home | 12.01.2017 - Teil 2 | Namibia Diary 2017

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Donnerstag, der 12. Januar 2017 - TEIL 2

Als ich die Augen wieder öffne, erwartet mich ein weiteres Wiedersehen. Caleb kommt um die Ecke, ein enger Freund der Farm, zuständig für die Videoproduktionen für Okutala. Letztes Jahr war ich ganz hin und weg von seiner offenen Art, seiner stetig guten und ansteckenden Laune sowie seiner Fähigkeit, sich in kürzester Zeit sämtliche Namen zu merken. „Welcome back!“ ruft er mir entgegen und im nächsten Moment finde ich mich in einer herzlichen Umarmung wieder.

Über dieses Wiedersehen freue ich mich ganz besonders. Es werden Neuigkeiten ausgetauscht und ich nutze die Gelegenheit, ihn über den aktuellen Fall von Nashorn-Wilderei auszufragen. Nachdem die Wilderei in vielen afrikanischen Ländern schon seit Jahren ein massives Problem ist, schwappt diese bedrohliche Welle allmählich auch nach Namibia über. Nicht nur Elefanten stehen aufgrund ihres Elfenbeins auf der Abschussliste der Wilderer, sondern auch Nashörner. Dass diese kurz vorm Aussterben stehen, interessiert natürlich nicht. Vor kurzem wurden auf einer Farm (ähnlich wie Okutala) zwei Nashörner getötet und zwei weitere teils lebensgefährlich verletzt. Dass die Nashörner an Menschen gewöhnt waren, nutzten die Wilderer schamlos aus. Sie konnten ganz dicht herankommen und die ahnungslosen Tiere niedermetzeln. Noch in Deutschland hatte ich mitbekommen, dass die Täter bereits gefasst worden waren. Neu ist für mich jetzt, dass es keine Unbekannten sind. Sie saßen schon aus dem gleichen Grund im Gefängnis, waren vor kurzem entlassen worden und haben nun direkt wieder zugeschlagen. Die Strafen sind zu niedrig und auch Behörden und Politiker sollen in den Machenschaften von Wilderern mit drinhängen. Momentan passiert viel in Namibia, erzählt mir Caleb. Die Leute werden aufgeklärt und es wird mehr für den Schutz der Tiere getan. Jetzt schaut das ganze Land gespannt auf die Gerichtsverhandlung und hofft, dass hier ein deutliches Zeichen gesetzt wird.

Aber es gibt auch positive Neuigkeiten zu berichten. Caleb macht mich neugierig auf die aktuellen tierischen Farm-Bewohner, von denen ich euch in den einzelnen Diary-Einträgen ausführlich berichten werde. Außerdem kündigt er an, dass wir nun noch auf eine weitere Volontärin warten und er uns dann nach Okutala fahren wird. Somit werden wir die kommenden zwei Wochen lediglich drei Xplorer sein – eine sehr kleine Gruppe und sicherlich anders als beim letzten Mal, als wir zu fünft und später zu acht waren. Während wir immer tiefer in den weichen Kissen der Couch versinken, fallen uns erneut die Augen zu. Man, sind wir platt! Mittlerweile ist es auch wärmer geworden, die Regenwolken haben sich verzogen und wir spüren, trotz Klimaanlage, dass wir in Afrika sind. Herrlich! Gegen 11:00 Uhr heißt es, dass wir nun starten können. Fiona, die dritte Volontärin in unserer Runde, sei da uns sitze schon im Auto. Schnell huschen wir noch einmal auf die Toilette (schließlich steht uns eine vierstündige Fahrt bevor), schnappen uns unsere Rucksäcke und laufen neugierig zu Calebs Auto. Doch kaum sind wir am Auto angekommen, dürfen wir schon wieder umdrehen. Die Abfahrt verzögert sich erneut, weshalb wir die Begrüßung von Fiona ins Office verlegen. Fiona hat gerade ihr Abi gemacht und wird die kommenden vier Wochen auf Okutala verbringen. Lustigerweise kommt sie aus der gleichen Stadt wie Alana und wir alle drei aus Baden-Württemberg. Sie ist schon seit zwei Tagen in Windhoek und erzählt von ihrem Ausflug in ein Township. Gemütlich plaudernd lernen wir uns etwas kennen, bis es um 12:00 Uhr dann wirklich losgeht. Mit uns fährt Aily, die wir ebenfalls vom letzten Jahr kennen. Sie ist Servicekraft im Restaurant auf Okutala und es ist einfach schön zu sehen, dass das alte Team noch fast komplett ist.

Namibia
peach roll
Da wir diesmal nicht im Bus, sondern mit Calebs Auto unterwegs sind, kommen wir flott voran. Ich genieße den Blick aus dem Seitenfenster und versuche den Kampf gegen die Müdigkeit zu gewinnen. Nach circa 45 Minuten hält Caleb in einer kleinen Ortschaft. „It’s time for snacks“, verkündet er, als er aus dem Auto steigt und kurze Zeit später mit zwei gefüllten Tüten zurückkommt. Typisch für Namibia gibt es unterschiedliches Trockenfleisch (Beesbiltong) und „peach rolls“ für die Vegetarier. Die „peach roll“ schmeckt klebrig süß und macht in kürzester Zeit satt. So höre ich nun doch auf mich gegen die Müdigkeit zu wehren und döse ein bisschen. Obwohl wir wirklich schneller als beim letzten Mal unterwegs sind, habe ich das Gefühl, dass die Zeit so gar nicht vergehen möchte. Gegen 15:00 Uhr legen wir in Otjiwarongo eine Toiletten- und Supermarktpause ein. Caleb drückt uns einen Schein in die Hand, damit wir uns ein Lunchpaket zusammenstellen können. So wirklich hungrig sind wir jedoch nicht, weshalb wir uns für eine Portion Obst entscheiden. Es tut gut, sich ein bisschen die Beine zu vertreten, da es doch ziemlich eng zu dritt auf der Rückbank ist. Ich liebe es, in anderen Ländern durch Supermärkte zu schlendern. Es gibt so viel zu entdecken – besonders beeindruckt bin ich von den pinken und blauen Torten im Kühlregal.

Kurz darauf steigen wir wieder ins Auto, denn die letzten 60 bis 90 Minuten Fahrt stehen uns bevor. Je näher wir Okutala kommen, desto stärker macht sich die Vorfreude bemerkbar. Fiona strahlt, als sie eine Giraffe entdeckt und versucht mit ihrer Handykamera die ungewohnten Straßenschilder zu fotografieren, auf denen kein Reh, das die Straße kreuzen könnte, abgebildet ist, sondern ein Warzenschwein oder eine Oryx Antilope. Dass wir fast am Ziel angekommen sind, verrät uns plötzlich ein riesiges, plakatähnliches Schild. Caleb steigt in die Eisen. „Wow, das Schild sehe ich jetzt zum ersten Mal. Ich habe es selbst entworfen“, erzählt er und steigt aus. Auch wir folgen ihm. „Let’s take a photo!“ grinst er und biegt schon den aus Draht bestehenden Wildtierzaun auseinander. „Du weißt ja schon wie der Hase hier in Afrika läuft“, zwinkert er mir zu und so steige ich als Erste durch den Zaun. Zu viert stellen wir uns unter dem riesigen Schild auf und lassen uns fotografieren. Wenige Zeit später wird der Schnappschuss auf der Facebookseite von Okutala zu bewundern sein.

Namibia
Soooo groß ist das Schild
Dass wir eben schon auf Okutala-Boden standen, realisiere ich erst, als ich wieder im Auto sitze. Trotzdem dauert die Fahrt noch eine ganze Weile, denn selbst wenn man das Eingangstor bereits passiert hat, muss man sich noch gute 15 Minuten gedulden, bis man die Lodge erreicht hat. Okutala ist mit seinen 24.000 ha einfach ein unheimlich großes Areal. Dann ist es tatsächlich so weit. Wir nehmen mit viel Schwung den letzten kleinen Hügel und halten schließlich an der Lodge, wo wir bereits von Esther samt Erfrischungstüchern und kühlem Eistee erwartet werden. Auch Esther durften wir im letzten Jahr kennenlernen und so freue ich mich sehr über das Wiedersehen mit der quirligen Servicekraft. „Welcome home, ladies!“, grinst Caleb und hebt sein Glas. Viel Zeit zum Austrinken bleibt uns aber nicht, denn die Frau, die nun auf uns zukommt, stellt sich als Beate vor und möchte uns direkt unsere Unterkunft zeigen. Schon von Caleb haben wir erfahren, dass wir auf der Lodge unterbracht sein werden und nicht im Farmhouse, wo sonst die Volontäre wohnen.

Eingang zur Rezeption

Die Gäste-Bungalows
Mit unseren Koffern im Schlepptau folgen wir Beate bis zum letzten Bungalow. „Kommt in Ruhe an, wir sehen uns dann später auf der Terrasse“, verabschiedet sie sich wieder, nachdem sie uns die Tür zu unserer Bleibe für die kommenden zwei Wochen geöffnet hat. Zu dritt teilen wir uns das schöne Häuschen, welches normalerweise von Hotelgästen bewohnt wird. Es besteht aus einem Hauptbereich, in dem ein Doppelbett mit Insektenschutz, ein Schreibtisch mit Stuhl, ein Kleiderschrank, ein Sessel und ein Waschbecken samt Wasserkocher untergebracht sind. Von diesem Hauptraum gehen das Badezimmer mit WC, Badewanne und Dusche, ein Schlafzimmer mit einem Einzel- und einen Hochbett und der Zugang zu einem großen Balkon ab. Fiona entscheidet sich für das angrenzende Zimmer und Alana und ich nehmen das Doppelbett in Beschlag. Schnell machen wir uns etwas frisch. Obwohl der Bungalow wirklich schön ist, hält uns nun nichts mehr hier. Wir machen uns auf den Weg zum Deck und zur großen Terrasse, von wo man einen tollen Blick auf das nahe gelegene Wasserloch hat. Kurz bleiben wir an der Voliere, in der sich früher die Streifenhörnchen getummelt haben, stehen, um die neuen Bewohner zu begutachten. 5 Graupapageien und jede Menge Schildkröten entdecken wir. Dann geht es weiter aufs Deck, von dem uns Esther bereits zuwinkt. Ich genieße den Anblick der sich uns hier bietet. Auch wenn das Wasserloch noch nicht besucht ist, liebe ich den Blick auf den Namibischen Busch. Die Ruhe entspannt mich sofort, lediglich verschiedene Vögel sind zu hören. Bei Esther bestellen wir unser letztjähriges Stammgetränk, einen Rock Shandy, und können uns gar nicht sattsehen. Wie erwartet schmeckt das afrikanische Erfrischungsgetränk grandios. Fiona staunt und strahlt mit uns um die Wette, ganz besonders doll, als sich die ersten Nashörner dem Wasserloch nähern. [Bitte habt Verständnis dafür, dass ich aufgrund der aktuellen Fälle von Wilderei auf genaue Beschreibungen dieser Tiere verzichte, um die Aufmerksamkeit nicht im speziellen auf Okutala zu lenken. Wer von euch gern mehr Infos hätte oder Fotos sehen möchte, schreibt mich bitte per E-Mail an, danke!] Kurz darauf darf Fiona auch ihren ersten Giraffen-Moment erleben. Ich entdecke JJ, die gerade auf das Deck zukommt und gierig ein paar Blätter von den Bäumen zupft. Letztes Jahr stand ich mit großen Augen vor dem ebenso großen Tier, wie Fiona jetzt. Ohne Zaun und Illusion – JJ steht quasi direkt vor uns, doch sie scheint sich nicht so für uns zu interessieren, wie wir uns für sie.

Okutala
Auch ein Rücken kann entzücken!
Wesentlich lauter fällt das Wiedersehen dann mit Simone und Josua aus. Simone ruft uns vom Wasserloch „Willkommen zurück!“ entgegen und Josua strahlt übers ganze Gesicht, als er zu uns kommt. „Good to have you back“, lacht er, „We missed you. There is a lot of work to do!“ Wir drücken uns, tauschen Neuigkeiten aus und genießen den Taumel der Wiedersehensfreude. So einen herzlichen und schönen Empfang hätte ich nicht für möglich gehalten. Caleb stößt zu uns, sieht meinen Blick, nimmt mich nochmals in den Arm und flüstert: „You are home!“ Wie recht er doch hat.

Das erste Abendessen dürfen wir auf dem Pool-Deck mit direktem Blick auf das Wasserloch genießen. Es gibt unser heiß geliebtes selbstgebackenes Brot mit gesalzener Butter, Pilzragout, Kürbisgemüse und Reis, sowie dreierlei Creme zum Dessert. Ich bin so hundemüde, dass selbst das Essen zu anstrengend ist. Es fällt mir schwer, meine Augen offen zu halten. Deshalb zieht es uns sehr bald in unsere Unterkunft. Die Geschichte von der riesigen Spinne Jessica erspare ich euch lieber. Kann es sein, dass afrikanische Spinnen schneller sind als deutsche? Auf diese Begegnung hätte ich gern verzichtet. Dass noch weitere Aufeinandertreffen dieser Art auf uns warten, ahnen wir an diesem Abend noch nicht. So lassen wir das Licht an und verschwinden bald ins spinnenfreie Reich der Träume.


Fortsetzung folgt… am nächsten Freitag!
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