Der emotionalste Abend meiner Reise | 24.01.2017 - Teil 2 | Namibia Diary 2017

< --- 24.01.2017 - Kulturschock im Himba Village

Lange habe ich diesen Beitrag vor mir hergeschoben, nun steht der Klick auf VERÖFFENTLICHEN kurz bevor. Mit diesem Beitrag endet mein Namibia Diary 2017. Lasst uns gemeinsam ein letztes Mal in dieser Beitragsreihe nach Namibia reisen. Ein emotionaler Abschied mit der wohl lustigsten Katzenfütterung steht uns bevor. Seid ihr bereit?

Ich bin es noch nicht. Abschiede sind nicht so mein Ding, aber wer mag die schon. Ein schlauer Freund von mir hat mir kürzlich verraten, dass er nie „goodbye“ sagt, schließlich ist man, dank der heutigen Technik, nur einen Klick voneinander entfernt, selbst wenn zwischen Punkt A und Punkt B tausende Kilometer liegen. Wir sehen uns auf Facebook, WhatsApp & Co, also nicht „goodbye“, sondern „bis später!“. So ähnlich soll es sich auch mit dieser Beitragsreihe verhalten. Auch wenn es mir schwer fällt, diesen finalen Text in mein Namibia Diary 2017 zu tippen, so bin ich mir sicher, dass es nicht der letzte Namibia-Beitrag sein wird, denn auch 2018 bin ich wieder in meine zweite Heimat gereist. Es gab ein Wiedersehen mit vielen alten Bekannten, aber ich durfte auch neue Freundschaften schließen. Wie die große Rückkehr nach Okutala aussah und was ich dieses Jahr alles erlebt habe, das erfahrt ihr ab nächsten Freitag. Mein Namibia Diary 2017 schließt sich und macht Platz für eine neue Beitragsreihe.

Vielen Dank für euer großes Interesse an meinen Afrika-Abenteuern. Regelmäßig erhalte ich E-Mails von euch, von potenziellen oder ehemaligen Xplorern und Namibia-Touristen, die mit mir ihre Erlebnisse teilen. Mein Herz wird ganz warm, wenn ich sehe, mit wie vielen von euch ich meine Erfahrungen und Erlebnisse geteilt habe. Vielen Dank für eure zahlreichen Mails und Kommentare. Ich wünsche euch, dass ihr ebenfalls EUREN Zufluchtsort findet und euren Traum leben könnt.

So, nun habe ich aber genug um den heißen Brei herumgeredet, es nützt ja nichts. Los geht’s mit dem letzten Eintrag in mein Namibia Diary 2017.

Dienstag, 24. Januar 2017

Gesättigt von vielen neuen Eindrücken, verläuft die Rückfahrt zur Farm eher ruhig. Jeder mümmelt an seinem Lunchpaket und hängt seinen eigenen Gedanken nach. Der Besuch des Himba Village wird mich noch lange Zeit nicht loslassen. Auch, wenn die Eindrücke oftmals sehr fremdartig und mir auch ziemlich unangenehm waren, bin ich froh darüber, diese alte Kultur kennengelernt zu haben.

Zurück auf der Farm legen wir Mädels eine kleine Siesta ein und beömmeln uns über die Videoaufnahmen unserer Tanzperformances. Wir lachen Tränen, vielleicht auch weil wir spüren, dass die gemeinsame Zeit schon bald vorbei sein wird. Bevor wir uns auf dem Pooldeck eine Tasse Kaffee gönnen, machen wir noch einen Abstecher in den farmeigenen Curio Shop. Hier gibt es von T-Shirts über Schmuck bis hin zu Postkarten alles, was das Touristen-Shopper-Herz begehrt. 

Um 16:00 Uhr treffen wir uns im Prep Room zur abendlichen Fütterungsrunde. Ganz gezielt suchen wir uns unsere Lieblingstiere aus, um die uns noch verbleibende Zeit sinnvoll und effektiv zu nutzen. Mit Alana geht's zu den kleinen Giraffen, deren lautstarkes Schlürfen ich wirklich vermissen werde. Zum Abschluss werden noch ein paar feuchte Küsse verteilt und schon geht's weiter zu den nächsten Gehegen. Zu meinen Herzenstieren auf Okutala gehören definitiv die Ziegen und unsere kleinen Lämmchen. Neben der Milch bringen wir heute noch etwas Tee mit, der begeistert getrunken wird. Es ist einfach zu niedlich, wie sich die kleinen Schwänzchen beim Nuckeln wild hin und her bewegen. Mein Herz schmerzt, wenn ich daran denke, die kleinen Babys schon bald an die nächsten Volontäre abgeben zu müssen. Wir haben so sehr für die noch so jungen Leben der kleinen Lamm-Waisen gekämpft und es macht wahnsinnig glücklich und stolz zu sehen, wie toll sie sich entwickelt haben. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich diesen wichtigen Lebensabschnitt der Kleinen aktiv begleiten durfte. Dank Okutala haben die zwei verwaisten Lämmchen überlebt.

Noch einmal knuddel ich meine zwei Lieblinge, dann steigen wir zu Mathew auf den Pick-up. Josua sei vor einiger Zeit in das Gehege der zwei Strauße gegangen, um nach einer vermissten Ziege zu suchen und bisher nicht zurückgekehrt. Uns wird ganz mulmig bei dem Gedanken, dass Strauß Frank aktuell sehr aggressiv und unberechenbar ist. Niemand sollte sein Gehege betreten und erst recht nicht allein. Wir umfahren das großflächige und dicht bewachsene Gehege, rufen Josuas Namen, bekommen aber keine Antwort. Keine Spur von unserem Guide. Auch auf Mathews Handyanrufe und -nachrichten reagiert er nicht. Wir bekommen es mit der Angst zu tun. Ich sehe ihn schon mit klaffender Wunde bewusstlos im Busch liegen und auch Alanas panischer Blick spricht Bände. Es beginnt zu regnen, wir fahren weiter, schreien gegen Wind und Regen an. Kein Lebenszeichen. Erst als wir die Hoffnung schon beinahe aufgeben wollen, nehmen wir eine Bewegung wahr. Tatsächlich. Mit einem großen Stock bewaffnet trottet der Vermisste auf uns zu. Und grinst. ER GRINST??? Mein Gott, natürlich fällt uns ein riesiger Stein vom Herzen, doch als Josua auf den Pick-up steigt, kassiert er erstmal unsere Schläge. Wir sind erleichtert und sauer zugleich. Wo war er nur so lange? Als Josua bemerkt, wie sehr wir uns gesorgt haben, muss er lachen. Ja, und wer Josua einmal lachen gesehen hat, der weiß, dass einem nichts anderes übrig bleibt, als direkt mit einzustimmen. Niemand hat solch ein ehrliches und ansteckendes Lachen wie er. 

Gemeinam machen wir uns auf den Weg zu unserer letzten Catfeeding-Tour. Zuerst sind die Geparden dran, doch bevor wir den vier Herren beim Dinieren zuschauen, lassen wir es uns nicht nehmen, das Fleisch höchstpersönlich für sie anzurichten. Heute gibt es Zebra. Wir binden die großen Stücke mit Draht an einem Baumstamm fest. Die Stimmung ist so gelöst, dass wir kurzerhand ein verrücktes Fotoshooting machen, in dem wir selbst in die Rollen der Geparden schlüpfen. Zähnefletschend kauern wir uns über die Fleischstücke, fallen uns gegenseitig an und halten uns schließlich die Bäuche vor lachen. Josua und Mathew knipsen um die Wette und halten diesen unvergesslichen Moment für die Ewigkeit fest.

VORHER
NACHHER
Die Geparden nehmen uns die Wartezeit nicht übel und lassen sich, als wir wieder auf dem Pick-up stehen, ihr hübsch angerichtetes Dinner schmecken. Weiter geht es zu unserem jungen Gepard Onyx. Als wüsste er, dass es heute unser letztes Catfeeding ist, strengt er sich ganz besonders an und fängt seine Portion Fleisch im Sprung. Ein gigantischer Anblick, der mich das kleine, fauchende Fellknäuel, das er letztes Jahr noch war, vergessen lässt. Im nächsten Gehege warten die Tüpfelhyänen Siena und Wolfie auf uns. Unser Schabernack scheint auf die Guides überzuspringen und so beginnen sie, den hungrigen Wolfie zu veräppeln, bis dieser jammert, wie ein Baby. Dieses Geräusch hat er letztes Jahr bei jeder Fütterung gemacht und ich war schon ganz traurig, dass man es dieses Jahr gar nicht von ihm hören konnte. Doch es scheint, als hätte er es nicht verlernt. Die Jungs machen sich für uns zum Affen, belohnen die Hyäne aber schlussendlich mit einer leckeren Portion Fleisch. 


Die Abschiedsstimmung scheint sich bei allen Tieren bemerkbar zu machen, denn auch die zwei Leoparden legen sich ins Zeug. Als Josua das Fleisch wirft, springt Matla und fängt das Stück im Flug mit seinen Pranken. Wir genießen diese Fütterungstour zusammen mit unseren Guides in vollen Zügen, denn der erste schwere Abschied steht kurz bevor. Noch vor dem Dinner müssen wir Josua Tschüß sagen, da er ab morgen Urlaub hat. Ich reiße mich so sehr am Riemen, denn ich habe mir geschworen, dieses Mal nicht zu weinen. Fast schaffe ich es. Feuchte Augen zählen ja nicht, oder? Aber auch Josuas Augen verraten, dass er Abschiede nicht leiden kann. 

Ich drehe die Zeit mal ein paar Minuten vor. Zum Abendessen überrascht uns Manager Bernd mit einer vom ihm selbst gekochten Pilzsuppe als Vorspeise. Diese riesigen Pilze wachsen nur in der Regenzeit und ausschließlich auf den großen Termitenhügeln. Die heiße Suppe schmeckt wunderbar und passt hervorragend zum plätschernden Regen. Wir genießen auch den Rest des Abendessens und verabschieden uns dann in unser Bungalow für die alltägliche Abendroutine. Fiona huscht zuerst ins Bad. Als sie wieder rauskommt, erzählt sie uns von einem kleinen Käfer, mit dem sie geduscht hat. "Der sieht aus wie ein Skorpion", grinst sie. Diese Aussage lässt uns hellhörig werden und so linsen Alana und ich vorsichtig in die Dusche. Tja, Fiona. Der "kleine Käfer" sieht nicht nur aus wie ein Skorpion, er ist auch einer. Dass Skorpione ziemlich gefährlich sein können, scheint ihr erst jetzt bewusst zu werden. Mutig und Afrika-erfahren wie wir nun sind, greifen wir zu einem Glas und einem Blatt Papier, um das Tier einzufangen. Wenig später können wir es ausführlicher betrachten. Der Kerl ist zwar tatsächlich noch sehr klein, dennoch sollte man den direkten Kontakt mit ihm vermeiden. 


An den nächsten und wirklich letzten Tag möchte ich mich gar nicht mehr zurückerinnern. Wieder wurde gegen die Tränen gekämpft, nicht nur bei den allerletzten Fütterungen und beim Kofferpacken, sondern auch beim Sundowner, mit dem jeder Xplorer seine Zeit auf Okutala beendet. So wunderschön dieser Ort auch ist, so verhasst ist die mit ihm verbundene Zeit. Spätestens wenn man hier sitzt, mit Blick auf das endlose Farmland im Sonnenuntergang, spätestens dann realisiert man, dass die Zeit auf Okutala zu Ende ist. Mathew und Simone finden auch dieses Jahr wieder sehr berührende Worte. Mein Herz hüpft und schmerzt vor Dankbarkeit. Ich wünsche mir, dass dieser magische Ort für mich niemals seine Magie und seine Kraft verlieren wird. Er soll immer der Ort bleiben, an dem ich Kraft, innere Ruhe, endloses Glück, Zufriedenheit, Demut und Dankbarkeit tanken kann. Dieser besondere Ort bringt mich nicht nur der Natur, den vielen Tieren und Menschen, sondern auch mir selbst näher. 


Dieser Abschied ist kein richtiger Abschied, denn ich weiß, dass ich zurückkomme. So siegt heute das strahlende über das weinende Auge und ich sauge die letzten Momente auf Okutala tief in mich auf. Für all die Momente im kommenden Jahr, die mich (ver-)zweifeln lassen, in denen ich kämpfen muss, gegen die Welt und gegen mich, für die Momente, in denen ich mich klein, schwach, traurig und unverstanden fühle. Für die Momente, in denen ich einen Anker brauche, der mich hält. Genau in diesen Momenten sind diese Erinnerungen da und lassen mich an das Gute in der Welt glauben. 

Ich danke euch, dass ihr diese Reise mit mir erlebt habt. Und wenn ihr auch keine Freunde von Abschieden seid, dann freut euch auf den kommenden Freitag, an dem hier ein neues Namibia-Kapitel beginnt.

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Mein Namibia Diary 2017:


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