OPFER - Lasst uns hier raus! | Jesper Wung-Sung

Was für die Schülerinnen und Schüler als ein spannendes Abenteuer beginnt, wird, mit jedem Toten, den sie auf dem Sportplatz begraben, schnell zu bitterem Ernst. Benjamin, seine Mitschülerinnen und Mitschüler und natürlich die Lehrer befinden sich in "Opfer - Lasst uns hier raus!" von Jesper Wung-Sung in einer Ausnahmesituation, die mich - insbesondere in der aktuellen Zeit - erschreckende Parallelen zur Realität erkennen lässt. Nachdem eines Morgens ein Lehrer mit Nasenbluten zusammenbricht, wird die Schule in wenigen Stunden zur Quarantänestation. Ein 4 Meter hoher Zaun soll verhindern, dass das Schulgelände verlassen oder betreten wird. Ein hochansteckender Virus breitet sich immer rasanter unter den Isolierten aus. Die Panik steigt. Jedes Hüsteln wird sofort mit misstrauischen Blicken und schließlich mit Ausgrenzung bestraft. Die maulwurfshügelartigen Gräber reichen längst bis zur Mittellinie des Sportplatzes.

Dieses Buch hat mich mit einem dicken Kloß im Hals und einem flauen Gefühl im Bauch zurückgelassen. Erbarmungslos schlug die Handlung auf jeder neuen Seite zu und zwang mich nach jedem Absatz kurz innezuhalten. Wie würde ich mich in solch einer Situation verhalten? Welche Rolle würde ich einnehmen?

Schnörkellos und dennoch mit sehr passenden Metaphern führt Jesper Wung-Sung durch seine fiktive Geschichte, die so absurd und erschreckend aber zugleich auch so nah erscheint.

Kann diese Schule als Abbild einer ganzen Gesellschaft gesehen werden? Welche Gruppendynamiken entwickeln sich? Welche Lager werden gebildet?

Da das Buch lediglich 144 Seiten hat und auch diese nie voll bedruckt sind, möchte ich eigentlich gar nicht viel mehr sagen, zumal es mir noch immer schwerfällt, die passenden Worte zu finden. Der dänische Autor hat mich mit seiner Art, diese Geschichte zu erzählen, sehr beeindruckt. Er benötigt nicht viele Worte und er stellt auch keine besondere Verbindung zwischen seinen Figuren und seinen Leserinnen & Lesern her. Es geht hier nicht darum, Sympathien aufzubauen oder mitzufühlen. Ich zumindest blieb die ganze Zeit eine stille Beobachterin, als würde ich die Geschehnisse in den Nachrichten betrachten. Dennoch war ich erschüttert.

"Opfer - Lasst uns hier raus!" ist in vielerlei Hinsicht ein "anderes" Buch, ein besonderes Buch. Ein Buch, das man nicht so schnell vergisst. Am Ende hätte ich mir noch die ein oder andere Erklärung gewünscht, aber vielleicht gehört auch dieser etwas unbefriedigende Ausgang zu diesem außergewöhnlichen Leseerlebnis dazu.

Eindrücklich. Nachdrücklich. Zum Nachdenken anregend.


W E I T E R F Ü H R E N D E   I N F O S

Klappenbroschur* | Originaltitel: Skolen, übersetzt aus dem Dänischen von Friederike Buchinger | erschienen am 1. Februar 2016 im Hanser Verlag | 144 Seiten | empfohlen ab 14 Jahren | ISBN 978-3-446-25092-5 | Mehr über den Autor bei Ankas Geblubber findet ihr ggfs. HIER 

* = dieses Buch wurde mir vom Hanser Verlag als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt, was jedoch keinerlei Einfluss auf meine persönliche Meinung zum Titel hat


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