Wen immer wir lieben | Michelle Schrenk | Rezension

Lina ist sich absolut sicher: Sie erkennt Bad Boys auf den ersten Blick, schließlich ticken sie eh alle gleich. Ihr Schema, mit dem sie Frauen aufreißen, verführen und dann wieder fallen lassen, ist immer dasselbe. Wenn man Frau das erstmal erkannt hat, wird es ihr leicht fallen, einem Bad Boy zu widerstehen. 

Ganz überzeugt von ihrer Theorie sind Linas Freundinnen noch nicht, deshalb fordern sie Beweise. Lina soll sich einen Bad Boy angeln und bis zu einem gewissen Punkt auf seine Spielchen eingehen, damit sie ihn schlussendlich abschießen und aufzeigen kann, dass sie 1. all seine Schritte vorausgeahnt und sich 2. natürlich nicht in ihn verliebt hat. Das kann nicht gut gehen - oder?

[Achtung! Es folgt meine persönliche, subjektive Meinung. Jeder empfindet dieses Buch anders. Dies ist lediglich meine Meinung.]

Ich war mir bewusst, dass ich in diesem Roman mit vielen Klischees und Schubladendenken konfrontiert werden würde. Trotzdem hatte ich die Hoffnung, dass die "Bad Boy Challenge" originell und irgendwie "sympathisch" aufgearbeitet wird. War ich zu naiv? 

Ja, wahrscheinlich...

Lina ist keine einfache Figur. Sie zählt definitiv nicht zu den Protagonistinnen, die man sofort ins Herz schließt (zumindest ist es mir nicht gelungen). Sie ist in ihren Ansichten sehr festgefahren und ging mir mit ihrer "die sind doch alle gleich"-Haltung ziemlich auf den Wecker. Ich habe so häufig meine Augen gerollt, dass ich am Ende ganz erstaunt war, als ich die Geschichte ohne bleibendes Schwindelgefühl beenden konnte. Ihr Verhalten ist oftmals so kindisch und gleichzeitig verbissen, obwohl sie eigentlich genau weiß, was sie da tut. 

Ben (Linas Auserwählter oder Linas "Opfer" - diese Bezeichnung trifft es wohl besser) soll in der Geschichte für höher schlagende Herzen sorgen und natürlich der Beweis dafür sein, dass Linas Schubladendenken falsch ist. Bei mir hat es hauptsächlich für Mitleid gereicht, bis ich mich irgendwann gefragt habe, warum er das ganze überhaupt mit sich machen lässt. 

Übrigens eignet sich diese Geschichte hervorragend als Trinkspiel. Wann immer sich Lina und Ben gegenseitig als Lügner*in bezeichnen, darf ein Shot gekippt werden. Glaubt mir, ihr kommt nicht weit...

Aber genug mit meinen hämischen Bemerkungen. Sie rühren einfach daher, dass mich die Geschichte enttäuscht hat. Seit Jahren habe ich die Autorin Michelle Schrenk auf dem Schirm, weshalb ich mich nun gefreut hatte, endlich in eine ihrer Geschichten einzutauchen. Wahrscheinlich hatte ich einfach etwas anderes erwartet...

Gut gefiel mir das Setting, denn wir befinden uns mitten in Nürnberg. Zusammen mit Lina und ihren Freundinnen bzw. Schwestern war ich in einigen Bars, Cafés und im Kino. Eine gelungene Abwechslung zu den meisten anderen NA-Romanen, die in den USA angesiedelt sind. 

Auch das Familienkonstrukt und den Reihenaufbau finde ich spannend, denn Linas zwei Schwestern werden die Protagonistinnen aus Band 2 und Band 3. Generell liebe ich es sehr, wenn Geschwisterbeziehungen in Romanen eine große Rolle spielen - hier wiederum hatte ich immer wieder Bauchschmerzen. Auf der einen Seite wird einem suggeriert, dass sich die drei Schwestern alles erzählen (was sie auch bis ins kleinste Detail tun, Mr. Gray) und dass Familie für sie einen hohen Stellenwert hat. Auf der anderen Seite hatte ich nicht das Gefühl, dass sie ehrlich miteinander kommunizieren. 

Schlussendlich bin ich froh, dass ich das Hörbuch zu "Wen immer wir lieben" gehört habe. Ich weiß nicht, ob ich beim Lesen der Printausgabe so viel Geduld hätte aufbringen können. Hannah Schepmann hat mir die Geschichte aber ein Stück weit versüßt. Ich hatte sie gern im Ohr und ich empfand es als sehr angenehm, mir die Geschichte von ihr vorlesen zu lassen. 

Mein Spiel, meine Regeln

Tja, ich hätte nicht damit gerechnet, dass dieser Titel eine Herausforderung für mich wird. Fällt es nur mir so schwer zu ertragen, wenn sich offensichtlich ins Gesicht gelogen, wenn mit Gefühlen gespielt und der Gegenüber ausgenutzt wird? Man kann jetzt sagen, dass Lina aufgrund ihres Schubladen-Denkens (welches natürlich auch einen Ursprung hat) davon ausgeht, dass Ben ihr und auch sonst niemandem gegenüber Gefühle entwickeln kann und sie deshalb auch nicht bewusst mit seinem Herz gespielt hat, doch das finde ich zu leicht. Ja, am Ende wird natürlich alles aufgelöst, aber mich konnte damit weder die Protagonistin, noch die Autorin erreichen. Hätte Lina sich im Laufe der Geschichte verändert und hätte ich gespürt, dass sie ins Grübeln kommt, dann wäre ich sicher nicht so hart. Doch Lina beharrt auf ihrer Theorie. Am Ende wird es ihr dann sehr leicht gemacht. In meinen Augen entschuldigt das ihr vorsätzlich manipulatives Verhalten (welches im Übrigen von allen Nebenfiguren geduldet und sogar befeuert und unterstützt wird) nicht.

Vielleicht reagiere auch ich bloß so sensibel? Im Anschluss werde ich euch ergänzend zwei sehr positive Rezensionen zu dieser Geschichte verlinken, damit ihr euch auch andere Sichtweisen durchlesen könnt. Von mir gibt es jedoch keine Lese- bzw. Hörempfehlung.


W E I T E R F Ü H R E N D E   I N F O S

Hörbuch (*) | 589 Minuten | erschienen am 15. September 2021 bei Lübbe Audio | ISBN 978-3-7540-0140-0 | gelesen von Hannah Schepmann

* = dieser Titel wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar von Lübbe Audio zur Verfügung gestellt, was jedoch keinerlei Einfluss auf meine persönliche Meinung zum Titel hat

Immer-Trilogie
(1) Wen immer wir lieben
(2) Wann immer wir träumen (ab 09.02.2022)
(3) Was immer wir hoffen (ab 01.08.2022)


Wenn euch dieses (Hör-)Buch gefallen hat, schaut euch auch mal diese Titel an:

  

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